„Die Atmosphäre in den Unterrichtsstunden ist sehr schön“ – Sebastian v. D.

Ich spielte schon seit mehreren Jahren mit dem Gedanken, die Kampfkunst Wing-Chun zu erlernen.
Zunächst jedoch einmal wie alles begann. Mein Einstieg in die traditionell chinesische Kampfkunst begann vor ca. 15 Jahren in der Shaolin Schule „Fongs Kung Fu School“ in der ich „Choy Lay Fut Kung Fu“ bei Sifu Michael Punschke erlernte. Das Training war sehr gut und sehr intensiv. Es bestand aus Dehnübungen, Luft-Schlägen, Tritten und kurzen Techniken. Die meiste Zeit übten wir Kung Fu Formen. Diese sind choreographische Bewegungsabläufe die Stück für Stück erweitert wurden. Nach Verinnerlichung dieser Bewegungsabläufe bis zur Perfektion und anschließender Absegnung des Sifus, durfte der Schüler die nächst höhere Form erlernen. Die Formen waren abwechslungsreich und bestanden zum Beispiel aus dem Langstockkampf, dem Einsäbelkampf, Zweisäbelkampf, Hellebade usw.
Abgerundet wurde die Trainingswoche mit einer Sparringstunde. Ein mit Vollkörperschutz ausgerüsteter Eins gegen Eins Kampf, der mit einem Punktesystem gewertet wurde. Nach ca. zwei Jahren Kindertraining war es Zeit für mich meinen Kampfsporthorrizont zu erweitern. Somit probierte ich Capoeira und Muay Thai aus. Mit beiden Kampfsportarten hielte ich mich nicht lange auf. Die akrobatischen Bewegungen des Capoeira empfand ich interessant, es machte auch Spaß. Als ich jedoch bei dem Versuch eines Rückwärtssaltos aus dem Stand, mir fast den Halswirbel brach, musste ich das Training pausieren und entschied mich auch dieser Kampfkunst den Rücken zu kehren. Einige Jahre später gab ich dem Muay Thai eine Chance. Dieses Training wurde an der Universität Passau angeboten. Das Training bestand aus Elenbogen-und Knie-Luftstößen. Darauf folgte eine kurze Sparringeinheit. Dieses Sparring semiprofessionell zu bezeichnen erwies sich als äußerst untertrieben. Den Studenten, welche keine Erfahrung im Kampfsport hatten wurden lediglich Boxhandschuhe übergeben und sich ohne Aufsicht, soweit selbst überlassen. Eine Schutzkleidung war nicht vorhanden. Somit endete diese Einheit für mich mit einer verletzungsbedingen Pause. Zurückgekehrt bin ich nicht. Nach einiger Zeit erhielt ich von meinen alten Schulkammeraden und engen Freunden Kimon, Sasha und Tobias, den Hinweis, dass sie Wing-Chun Unterricht nehmen. Sie erzählten voller Begeisterung von dem Training an sich, verschwanden zu Trainingslagern und machten generell einen ausgeglichenen Eindruck. Ich war sofort interessiert. Wenige Jahre vergingen, ohne dass ich den Schritt gewagt habe, einen Wing-Chun Unterricht zu besuchen. Dann, als ich aufgrund der langen Vorbereitungen für die finalen Prüfungen meines Studiums und des daraus einhergehenden, trägen Lebensstils merkte, dass die Zeit gekommen war intensiv Sport zu betreiben, kamen wir Drei wieder auf das Thema Wing-Chun zurück. Ich entschloss mich, es einfach zu probieren. Somit ging ich Anfang Juli 2018 zu meinem ersten Probetraining. Es war ein Dienstag. Schülertraining Empfangen wurde ich von Lehrer Robert. Er begrüßte mich freundlich, stellte sich vor und wies mich in Richtung Umkleide. Schon ging es los. Geordnet aufgereiht, wird der Lehrer oder Meister (Sifu) begrüßt und die Unterrichtsstunde mit Luft-Faustschlägen, -Elenbogenhieben und -Tritten eingeleitet. Diese empfinde ich wohltuend zur Lockerung der Gliedmaßen und sehr gut um den Kreislauf anzuregen. Anschließend folgen Dehnübungen in diversen Ausführungen. Des Weiteren besteht die Unterrichtsstunde aus dem Erlernen von vielen unterschiedlichen Techniken, welche Partnerweise geübt werden. Abgerundet werden die Einheiten von Technikkombinationen, in denen die Schüler auf Schnelligkeit fokussiert ihr gelerntes, frei nach Gefühl anwenden. Die Trainingseinheiten sind fordernd, sie machen sehr viel Spaß und die Kombination aus schnellen, intensiven und abwechslungsreichen Bewegungen lassen den Körper rasch gesund und ausgeglichen anfühlen. Die eingebauten Atemübungen sind meiner Erfahrung nach einzelartig. Auf diese
wird viel Wert gelegt und runden ein gesundes Training ab. Anfangs empfand ich die Übungen schwerfällig. An neue Bewegungen und an dem intensiven Kardiotraining muss sich sowohl der Körper als auch der Geist erst einmal gewöhnen. Nach ein paar Unterrichtsstunden wirken die Übungen vertrauter und gehen leichter von der Hand. Nach den ersten Monaten wird der Körper spürbar flexibler und die erlernten Techniken „fließen“ wie von selbst. Sowohl das körperliche und geistige Wohlbefinden als auch die Kraft und Ausdauer sind deutlich höher als zuvor. Die Atmosphäre in den Unterrichtstunden ist sehr schön. Es herrscht ein respektvoller Umgang untereinander, die Stimmung ist authentisch ohne überflüssig bzw. übermäßig streng zu wirken. Es wird gelacht und der ein oder
andere Witz gemacht. Die Schüler werden mit dem richtigen Maß an Aufmerksamkeit betreut und auf die Stärken und Schwächen des Einzelnen wird wohlwollend eingegangen.

Tai Chi Chuan
Tai Chi Chua Unterrichtsstunde ist ein guter Anschluss zur Wing Chun Stunde. Der Körper und Geist entspannt sich. Die Bewegungsabläufe sind jedoch nicht zu unterschätzen, diese sind ebenfalls fordernd, auf ihre eigene Art. Automatisch steigt die Konzentration auf die kleinsten Bewegungen. Das Auswendiglernen der Tai Chi Form schult das Gedächtnis. Die einzelnen Bewegungen der Form, finden sich in den Wing Chun Techniken wieder und steigern das Gefühl für diese  ampfkunst. Wing Chun und Thai Chi ergänzen sich äußerst gut bzw. gehören einfach zusammen.

Qi Gong
Die Qi Gong Unterrichtsstunde ist der perfekte Abschluss für eine Trainingswoche. Die Atmosphäre ist sehr ruhig und entspannt. Die schwunghaften Bewegungen sind sehr weich und fließend. Untermahlt werden diese von gezielten Atemtechniken. Spürbar ist zum Beispiel eine unsichtbare Verbindung zwischen den Händen, diese fühlt sich wie ein magnetisches Anziehen und Abstoßen an. Die Konzentration auf-und das Gespür für den eigenen Körper ist äußerst intensiv. Man fühlt sich geerdet und ausgeglichen.

Meditation
Die Meditationsstunde ist eine Erfahrung für sich. Diese in Worte zu fassen ist alles andere als einfach. Je nach Stimmung und Tagesform ist das Empfinden ganz unterschiedlich. Manchmal hört man der Stimme des Meisters einfach zu und ist sehr entspannt. An anderen Einheiten verliert man sich komplett und hat das efühl aus dem eigenen Körper ausgetreten zu sein. Eine bewusstseinserweiternde Erfahrung sozusagen. Zusammenfassend ist die Kombination aus Qi Gong und anschließender Meditation, eine hervorragende Gelegenheit um den Alltagsstress hinter sich zu lassen und die Momente der Stille sowie Entspannung zu genießen. Es breitet sich ein Gefühl von Klarheit, Gelassenheit und Verständnis aus. Die eigenen Sorgen erscheinen gar nicht mehr schlimm, eine rundherum positive, fröhliche Einstellung blüht in einem auf.

~ Sebastian v. D.